Rechtzeitig die Notbremse ziehen

Teilen

Wie Unternehmen strukturiert eine Insolvenz vermeiden können

 

Mit der Insolvenz der Signa Holding ist das Thema Zahlungsunfähigkeit einmal mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. Unter den Umständen der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen stellt sich die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten Unternehmen in Österreich haben, die in eine finanzielle Schieflage geraten sind und den Total-Crash vermeiden wollen?

 

Seit der Umsetzung der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie der EU mit der Restrukturierungsordnung (ReO) vor gut zweieinhalb Jahren, können Unternehmen, die vor einer drohenden Insolvenz stehen, ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren nach der Restrukturierungsordnung beantragen.

 

Die Möglichkeiten, die sich im Rahmen eines solchen Verfahrens für die betroffenen Unternehmen bieten, sind in der Regel günstiger und flexibler als im Fall einer außergerichtlichen Sanierung und selbstverständlich zu einer tatsächlichen Insolvenz und sollen – so das erklärte Bestreben der Europäischen Union – das Unternehmertum in Europa stärken und aktiv die Politik einer zweiten Chance implementieren. Das Restrukturierungsverfahren bietet dem Schuldner unter anderem weitgehende Flexibilität bei der Wahl der Sanierungsmaßnahmen und sieht auch keine gesetzlichen Mindestquoten für betroffene Gläubiger vor. Im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens bietet die Restrukturierungsordnung für den Schuldner zudem den Vorteil, dass die Sanierung – im Gegensatz zu einem klassischen Insolvenzverfahren – nicht im Insolvenzedikt öffentlich bekanntgemacht wird.

 

Das Restrukturierungsverfahren nach der Restrukturierungsordnung ist ein Entschuldungsverfahren, das allen Arten von Unternehmen als Sanierungsoption zur Verfügung steht, auch Einzelunternehmern. Ausgenommen sind lediglich Unternehmen aus dem Finanzsektor.

 

Vorteile einer rechtzeitigen Restrukturierung nach ReO

Einer der großen Vorteile des Verfahrens besteht aus Schuldnersicht darin, dass – anders als im Fall einer außergerichtlichen Sanierung - nicht alle Gläubiger dem Restrukturierungsplan zustimmen müssen. Es reicht, wenn die Mehrheit jeder Gläubigerklasse den Plan gutheißt, wobei allerdings neben der einfachen Kopfmehrheit auch eine 75-prozentige Forderungsmehrheit erreicht werden muss.

 

Das Gericht kann auf Antrag des Schuldners den Restrukturierungsplan unter bestimmten Umständen aber sogar dann bestätigen, wenn er nicht in allen Gläubigerklassen Zustimmung findet. Dieser Punkt stellt eine Möglichkeit dar, ein an sich sinnvolles Sanierungskonzept auch dann durchzuführen, wenn eine ablehnende Gläubigergruppe es zu verhindern versucht. Den bestätigten Restrukturierungsplan können überstimmte Gläubiger zwar im Rechtsmittelweg überprüfen lassen, doch kommt einem Rekurs nur in den Fällen eine aufschiebende Bedingung zu, wenn der Nachteil für denjenigen, der den Rekurs eingereicht hat, mit einem schwerwiegenden unwiederbringlichen Schaden verbunden wäre, der außer Verhältnis zu den Vorteilen der sofortigen Planumsetzung steht.

 

Eigenverwaltung und Möglichkeit der Vollstreckungssperre, Schutz für Transaktionen

Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht auch darin, dass es grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, die Sanierung in Eigenverwaltung durchzuführen. Unter bestimmten Umständen wird dem Schuldner jedoch ein Restrukturierungsbeauftragter beigestellt. Einen weiteren Vorteil bietet auch die Möglichkeit, eine Vollstreckungssperre zu beantragen. Die Dauer der Vollstreckungssperre ist mit drei Monaten begrenzt, sie kann in begründeten Fällen verlängert werden.

 

Neben den unmittelbaren Vorteilen für den Schuldner, bietet das Restrukturierungsverfahren auch für potenzielle Investoren weitergehenden Schutz: Das in der Insolvenzordnung angesiedelte und in der Praxis durchaus bedeutende Anfechtungsrecht, das Rechtshandlungen im Vorfeld einer Insolvenz unter gewissen Voraussetzungen für anfechtbar erklärt, sieht Ausnahmen für Transaktionen im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens vor. So soll die Umsetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen wie Zwischen- und Umfinanzierungen im Rahmen des Restrukturierungsplans und nachvollziehbarerweise notwendige sonstige Maßnahmen, die eine Sanierung erfordert, sichergestellt werden.

 

Voraussetzungen für eine Restrukturierung

Als Voraussetzung für die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens sieht die Restrukturierungsordnung die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz vor. Diese wird für Unternehmen jedenfalls dann vermutet, wenn eine Zahlungsunfähigkeit droht (URG-Kennzahlen: Eigenmittelquote von weniger als 8%, fiktive Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren). Bereits insolvente Unternehmen können das Verfahren nicht in Anspruch nehmen, ebenso wenig wie Unternehmen, für die in den letzten sieben Jahren ein Sanierungs- oder Restrukturierungsplan angenommen wurde.

 

Um ein Restrukturierungsverfahren einzuleiten, bedarf es einer guten Vorbereitung durch den Schuldner: Es sind ein Finanzplan für die kommenden 90 Tage, ein Vermögensverzeichnis sowie die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre vorzulegen. Als Kernstück des Restrukturierungsantrags gilt aber der Restrukturierungsplan. Für seine Inhalte setzt die Restrukturierungsordnung einige Vorgaben. So müssen unter anderem alle von den Maßnahmen betroffenen Gläubiger samt der geplanten Kürzung ihrer Forderungen angeführt werden, die Dauer der Restrukturierung sowie deren Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und auf die Finanzierung. Überdies muss aus dem Plan nachvollziehbar hervorgehen, dass eine Fortführung des Unternehmens aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.

 

Ein Restrukturierungsverfahren nach der Restrukturierungsordnung bietet ein sinnvolles Instrument, wenn es darum geht, Unternehmen zu sanieren und deren Fortbestand zu sichern. Es bildet auch eine Möglichkeit, frühzeitig auf eine finanzielle Krise zu reagieren und steigert somit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Sanierung. Andererseits kann der damit verbundene Aufwand aber beträchtlich sein und gilt er rechtzeitig zu handeln, um die Vorteile eines Restrukturierungsverfahrens zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Totalzusammenbruchs gezielt einsetzen zu können.

Eine Beratung durch Experten empfiehlt sich im Vorfeld daher auf jeden Fall. HSP.law bietet seinen Kunden auch in diesem Bereich kompetente Unterstützung.