Aufgrund der Covid-19 Pandemie kam und kommt es seit Mitte März 2020 zum Ausfall von unzähligen Flügen. Dementsprechend forderten vermehrt Fluggäste Rückersatz ihrer geleisteten Flugkosten. Oftmals erfolgte jedoch einerseits keine Zahlung an die Fluggäste bzw. wurden diese mit Gutscheinen vertröstet und wurde andererseits die Rückzahlungspflicht von den Reisebüros auf die Fluglinien umgewälzt und umgekehrt. Nun hat das Oberlandesgericht Wien mit seinem Urteil erstmals Licht in diese Angelegenheit gebracht.
Grundsätzlich verhält es sich so, dass als Rechtsgrundlage für Fluggäste die Fluggastrechteverordnung heranzuziehen ist. In dieser wird festgehalten, dass bei Annullierung eines Fluges dem Fluggast vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen angeboten werden müssen. Unter diese Leistungen fällt entweder die Erstattung der Kosten des Fluges oder die anderweitige Beförderung. Da in den meisten Fällen eine anderweitige Beförderung nicht angeboten werden kann, wären grundsätzlich die vom Fluggast geleisteten Kosten innerhalb von 7 Tagen zu erstatten.
Im gegenständlichen Verfahren erhob der Verein für Konsumenteninformationen nun Klage gegen die Austrian Airlines, im Folgenden AUA, weil diese eine Klausel in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen (=ABB) verwendete, wonach eine Ticketrückerstattung nur an die Person, welche das Flugticket bezahlt hat, erfolgt. Aufgrund dieser Klausel erstattete die Austrian Airlines die Flugkosten nicht direkt an den Fluggast, sondern an den Vermittler.
Aufgrund dessen kam es in der Praxis teilweise zu sehr langen Rückerstattungszeiträumen. So wandten sich von Flugausfällen betroffene Fluggäste oftmals direkt an Reisevermittler wie Online-Buchungsplattformen, welche meist eine hohe Bearbeitungsgebühr verrechnet, wodurch sich der rückerstattete Betrag weiter verringerte. Zusätzlich bemängelte der VKI, dass somit die Konsumenten das Insolvenzrisikos des Vermittlers zu tragen hätten.
Die Austrian Airlines wendete ein, dass nach der Fluggastrechteverordnung der Erstattungsanspruch nur demjenigen zustehe, welcher die Flugscheinkosten auch tatsächlich getragen hätte. Außerdem sei eine Überprüfung der Überweisung an jeden einzelnen, dem Flugunternehmen nicht bekannten Kunden aufgrund des standardisierten Zahlungsprozesses gar nicht möglich. Auch entspreche es der Funktion des Vermittlers, sich als Dienstleister und Ansprechpartner der Kunden an diese zwecks der Erstattung der Kosten zu wenden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt und erkannte die Klausel der Fluglinie als gröblich benachteiligend an. Die Austrian Airlines hat innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Klausel zu ändern und das Urteil aufgrund der Bekanntheit der Marke der Austrian Airlines zu veröffentlichen. Sowohl die Austrian Airlines als auch der VKI erhob gegen das Urteil Berufung an das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht.
Dieses hielt nun in seinem Urteil fest, dass nach der Fluggastrechteverordnung die Verpflichtungen der Fluglinien gegenüber Fluggästen durch abweichende oder restriktive Bestimmungen im Beförderungsvertrag nicht eingeschränkt werden dürfen. Somit muss der Fluggast seine Ansprüche gegen das ausführende Flugunternehmen richten können, auch wenn keine Vertragsbeziehung zwischen ihm und diesem Flugunternehmen bestehen.
Ebenso bestätigte das OLG Wien die Ansicht des Erstgerichtes, wonach die Klausel der Fluglinie gröblich benachteiligend ist. Dies aufgrund des Umstandes, dass die AUA die Rückzahlung der Flugkosten von einem nicht näher definierten „Erstattungsbeschränkungsvermerk“ abhängig machte, wofür es nach Ansicht des Berufungsgerichtes keine sachliche Rechtfertigung gibt. Da es bisher keine Rechtsprechung zu einer solcher Klausel durch den Obersten Gerichtshof oder den europäischen Gerichtshof gab, liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts eine erhebliche Rechtsfrage vor. Somit besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass die Entscheidung des OLG Wien durch den OGH ergänzt, abgeändert oder gar aufgehoben wird. Daher ist in dieser Angelegenheit womöglich das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die AUA die direkte Rückerstattung der Flugkosten an die Fluggäste nun nicht mehr unter den Verweis auf diese Klausel verweigern darf. Daher ist es Fluggästen zu empfehlen, sich bei Rückforderungsansprüchen von Flugkosten in Österreich auf diese Entscheidung zu stützen.
Unser Experte Mag. Wilhelm Huck bei HSP.law berät Sie gerne über die Rückforderung der Kosten nicht angetretenen Reisen aufgrund der Pandemie.