Gewährleistung bei versteckten Mängeln

Teilen

Wurde ein Vertrag nicht wie vereinbart erfüllt, greift das Institut der Gewährleistung, welches dem Übernehmer bei einer mangelhaften Vertragserfüllung Abhilfe leisten soll. Sie regelt also das verschuldensunabhängige Einstehenmüssen des Schuldners für eine Leistung, die vom vertraglich Vereinbarten abweicht, dies jedoch nur innerhalb bestimmter Fristen. Über den Zeitpunkt, ab welchem diese Fristen bei sogenannten versteckten Mängeln zu laufen beginnen, gibt es immer wieder Diskussionen in Lehre und Rechtsprechung.

 

Ein versteckter Mangel liegt vor, wenn dieser zum Zeitpunkt der Übergabe der Vertragssache zwar schon vorhanden bzw. angelegt, jedoch – im Gegensatz zum sogenannten offenen Mangel – auch bei eingehender Prüfung nicht sofort erkennbar war. Bei den Gewährleistungsfristen wird grundsätzlich zwischen Sach- und Rechtsmängeln unterschieden. Bei einem Sachmangel haftet der Mangel an der Sache selbst, dies ist zum Beispiel ein undichtes Rohr in der gerade erworbenen Eigentumswohnung. Bei einem Rechtsmangel kann es jedoch sehrwohl zu einer Übergabe der mangelfreien Sache kommen, jedoch erhält der Erwerber nicht die geschuldeten Rechte, wie zum Beispiel kein unbelastetes und bestandfreies Eigentum aufgrund eines Mieters in der erworbenen Wohnung. Bei unbeweglichen Gütern bzw. Immobilien beträgt die Gewährleistungsfrist drei Jahre, bei beweglichen Sachen zwei Jahre, jeweils ab Übergabe der Sache.

 

Es wurde jedoch immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Gewährleistungsfrist auch für versteckte Mängel bereits im Zeitpunkt der Übergabe zu laufen beginnen sollte, obwohl ein allfälliger Mangel erst Jahre nach der Übergabe und daher oft erst nach dem Ende der Gewährleistungsfrist zur Erscheinung tritt, zum Beispiel eine unzureichende Isolierung eines Hauses.

 

Teile der Lehre sprechen sich bei versteckten Mängeln für eine generelle Verschiebung des Beginns der Gewährleistungsfrist auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Mangels aus. Die Rechtsprechung stellt dagegen nach wie vor auf den Zeitpunkt der Übergabe ab und sieht die Erkennbarkeit des Mangels nicht als Voraussetzung für den Beginn der Fristenlaufs.

 

Einer Analogie zu den Bestimmungen betreffend der Rechtsmängel, bei welchen die Frist eben erst ab Erkennbarkeit des Mangels zu laufen beginnt, lehnten bisher sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung ab.

 

Gänzlich ausgeschlossen ist die Geltendmachung der Gewährleistung bei Sachen nach Ablauf der eigentlichen Gewährleistungsfrist trotzdem nicht. So beginnt die Gewährleistungsfrist bei ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften, von denen die Parteien annehmen müssen, dass ihr Vorhandensein erst einige Zeit nach der Ablieferung festgestellt werden kann, erst mit der Erkennbarkeit des Mangels¹, weil in der ausdrücklichen Zusicherung einer Eigenschaft typischerweise eine stillschweigende Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist enthalten ist. Ansonsten wäre diese Zusicherung für den Übernehmer weitgehend wertlos. Der OGH hat aber auch ausgesprochen, dass eine solche stillschweigende Verlängerung nicht in Betracht kommt, wenn trotzdem eine bestimmte Gewährleistungsfrist ausdrücklich vereinbart wurde, weil von dieser wohl auch die ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften mitumfasst sind. Hierbei bedarf es stets einer Auslegung im Einzelfall.

 

Bei versteckten Mängeln von besonders zugesicherten Eigenschaften beginnt die Gewährleistungsfrist also erst mit der Erkennbarkeit des Mangels zu laufen, außer wenn eine bestimmte Gewährleistungsfrist ausdrücklich vereinbart wurde. Somit kann auch in Bauverfahren, bei welchen mitunter sehr oft bestimmte Eigenschaften wie z.B. Dichtheitszusagen oder auch Haltbarkeitszusagen vertraglich zugesichert werden, eine stillschweigende Verlängerung der Gewährleistungsfristen erblickt werden.

 

In der jüngeren Rechtsprechung wurde eine Zusicherung besonderer Sacheigenschaften angenommen, wenn ein Vertrag aufgrund eines Prospektes mit präziser Beschreibung der Sacheigenschaften geschlossen wurde. 

 

In Hinblick auf die Geltendmachung von versteckten Mängel nach Ablauf der eigentlichen Gewährleistungsfrist ist die Rechtsprechung also stark einzelfallbezogen und kommt es für die Frage des Beginns der Fristenlaufs stets auf den Wortlaut und die Intention der jeweiligen Vereinbarung an. Wir empfehlen daher vor Vertragsunterfertigung das Augenmerk auf zugesicherte Eigenschaften und den Punkt Gewährleistung zu richten und sich hierzu von fachkundigen Rechtsanwälten beraten zu lassen. Auch wenn ein Mangel erstmalig erkennbar wird, sollte im Zweifel stets kurzfristig eine rechtliche Beratung erfolgen. 

 

Die Expert:innen von HSP.law beraten Sie jederzeit gerne in allen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit vertraglichen Angelegenheiten und der Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen.

 

¹OGH 20.12.2016, 4 Ob 202/16h