Taten statt Worte… Die Geschichte des Weltfrauentags
Heute, am 8. März 2021, wird weltweit der 110. Weltfrauentag zelebriert. Aus diesem Anlass möchten wir die Geschichte dieses wichtigen Tages kurz beleuchten.
Seinen Ursprung hat der Weltfrauentag in den USA am Beginn des 20. Jahrhunderts. Dort hatte im Jahr 1908 eine Gruppe von Frauen ein nationales Frauenkomitee gegründet, das beschloss, einen nationalen Frauenkampftag zu initiieren. Dieser historische Kampftag am 28. Februar 1909 verkörperte die Forderung eines Wahlrechts für Frauen und erwies sich als voller Erfolg, da er die Stimmen der bürgerlichen Suffragetten und der Arbeiterinnen vereinte.
Die Bewegung schwappte auch nach Europa, als anlässlich einer Konferenz in Kopenhagen sowohl amerikanische als auch europäische Frauenrechtlerinnen beschlossen, den Internationalen Frauentag zu zelebrieren. Erstmals wurde dieser am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, der Schweiz und dem damaligen Österreich-Ungarn begangen und stand weiterhin zu einem großen Teil für die Forderung eines Frauenwahlrechtes. Das Datum wurde bewusst in Anlehnung an die Revolution des Jahres 1848 gewählt.
Im Zuge der Ausrufung der Ersten Republik 1918 wurde in Österreich schließlich ein Frauenwahlrecht eingeführt, wodurch Österreich eines der ersten Länder war, welche ein allgemeines Wahlrecht für Frauen gesetzlich vorsahen. Das erste europäische Land, dass ein Frauenwahlrecht einführte war Finnland im Jahr 1906: Fast 80 Jahre dauerte es, bis auch Liechtenstein als letztes Land Europas das allgemeine Frauenwahlrecht im Jahr 1984 einführte.
Nach der Einführung des Wahlrechts galt es vielerorts, die Ziele und Forderungen der Frauenrechtsbewegung neu zu definieren. Anliegen jenseits des Wahlrechts, wie zum Beispiel die Straffreistellung von Schwangerschaftsabbrüchen, gleiche Bezahlung oder gleiche Rechte innerhalb von Ehe und Familie, gleiche Rechte im Berufsleben etc. wurden in Österreich erst Jahrzehnte nach der Einführung des Walrechts verwirklicht, zum Teil wurden diese Anliegen bis heute nicht entsprechend verwirklicht und bestehen nach wie vor Ungleichbehandlungen von Frauen.
Mit fortdauernden Gleichstellungsbemühungen und einer sich langsam einander angleichenden Behandlung der Geschlechter wandelte sich der Internationale Frauentag im Laufe der Zeit. Der seit 1975 auch von den Vereinten Nationen offiziell begangene Feiertag steht nunmehr jährlich unter einem anderen Schwerpunkt, wie beispielsweise der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz oder der Bildung von Mädchen und Frauen. Dieses Jahr steht er unter dem Motto Women in leadership: achieving an equal future in a COVID-19 world.
Und wie steht es heute um Frauen in unserer Branche?
Die vorliegenden Zahlen aus den Jahren 2017 und 2018 zeichnen ein konträres Bild.[i] An der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien machen die Studentinnen demnach einen Anteil von ca 58 %, die Professorinnen allerdings nur einen Anteil von ca 28 % aus. Ca. 55 % der österreichischen RichterInnen sind weiblich, bei den öst. StaatsanwältInnen sind es ca 52 % - ein klarer Kontrast zum Frauenanteil in der österreichischen Anwaltei, der bei lediglich 22 % liegt – dies obwohl fast 50 % der BerufsanwärterInnen weiblich sind. Auf (Equity)-Partner Ebene sprechen die aktuellen Zahlen leider noch deutlichere Worte. Gerade in der Anwaltei besteht also noch ein deutlicher Nachholbedarf für Österreich. Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus bestätigt, dass die niedrige Frauenquote in der Anwaltei mit dem österreichischen System und nicht mit dem Berufsbild selbst zu tun hat: Unter deutschen AnwältInnen beträgt der Frauenanteil aktuell mehr als 34 %, in Frankreich sind sogar ca. 54 % des Berufsstandes weiblich.
Um es mit den Worten einer der größten KämpferInnen für Gleichberechtigung unserer Zeit zu halten: „Frauen gehören überall dahin, wo Entscheidungen getroffen werden. Es kann nicht sein, dass das die Ausnahme ist.“ - Ruth Bader Ginsburg
Zwei der herausragendsten Figuren im Rahmen der Bemühungen um Gleichberechtigung in den letzten Jahren waren Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtsanwältinnen. Anlässlich des heutigen Weltfrauentages dürfen wir den Fokus auf die letztes Jahr verstorbene Ruth Bader Ginsburg und die ehemalige First Lady von Amerika, Michelle Obama lenken. Beide Frauen mussten sich in ihrer Karriere Vorurteilen, Benachteiligungen und etlichen weiteren Schwierigkeiten auch im Hinblick auf den Spagat zwischen Karriere und Familie stellen.
Michelle Obama war einst in der Situation, dass sie zu einem Vorstellungsgespräch musste, der Babysitter für ihre 4 Monate alte Tochter aber kurzfristig absagte. Michelle Obama entschloss sich kurzerhand, ihr Baby einfach mit zu dem Vorstellungsgespräch zu nehmen. In einem mittlerweile weit bekannten Interview sagte sie Jahre später dazu „Ich dachte mir, schaut, das hier ist, wer ich bin. Ich habe einen Mann, der nicht da ist. Ich habe zwei kleine Babys. Sie sind meine Priorität. Wenn Ihr wollt, dass ich den Job mache, müsst Ihr mich bezahlen, dass ich den Job mache und Ihr müsst mir die nötige Flexibilität geben“.
Das Leben und Wirken von Ruth Bader Ginsburg wurde mittlerweile in zahlreichen Dokumentationen und Filmen beleuchtet. Sie hat sich als Höchstrichterin der USA unermüdlich für eine Stärkung der Rechte der Frauen eingesetzt und in ihrer Laufbahn unzählige Gleichheitswidrigkeiten beseitigt. Bis zu ihrem Tod am 18. September 2020 kämpfte sie gegen die Gefährdung der errungenen Rechte gekämpft. Durch ihr Werken und Wirken hat sie zahlreichen JuristInnen einen Weg durch die gläserne Decke gezeigt.
Beide Rechtswissenschaftlerinnen werden für lange Zeit eine Vorreiterrolle einnehmen und ein Vorbild für viele Juristinnen sein. Nun ist es an uns, uns der Herausforderung und der Aufgabe der Gleichberechtigung der Geschlechter anzunehmen und dafür einzustehen.
[i]https://medienportal.univie.ac.at/uniview/wissenschaft-gesellschaft/detailansicht/artikel/vor-100-jahren-oeffnung-der-juridischen-fakultaet-fuer-frauen/