Präzisierung der Formerfordernisse beim fremdhändigen Testament

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Präzisierung der Formerfordernisse beim fremdhändigen Testament

 

Eine letztwillige Verfügung kann grundsätzlich eigenhändig oder fremdhändig verfasst werden. Das fremdhändige Testament ist jedoch an strenge Formvorschriften geknüpft: So muss der Erblasser eigenhändig auf dem Testament unterschreiben, es bedarf eines Zusatzes, dass es sich bei der Urkunde um seinen letzten Willen handelt (Nuncupatio) und der Testiervorgang muss vor drei Zeugen, deren Identität aus der Urkunde hervorzugehen hat, durchgeführt werden. Auch kommen nicht alle Personen als Zeugen in Betracht. So sind insbesondere aus dem Testament begünstigte Personen, aber auch Minderjährige, Blinde, Taube, Stumme und Personen, die die im Testament verwendete Sprache nicht verstehen, sowie befangene Zeugen nicht zulässig. Ebenso müssen nach ständiger Rechtsprechung fremdhändige letztwillige Verfügungen, die aus mehreren Blättern bestehen, so fest miteinander verbunden sein, dass die Verbindung nur durch Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann.

 

 

Der oberste Gerichtshof hat in der vorliegenden Entscheidung (2 Ob 4/21h) genau über einen solchen Sachverhalt entschieden, in dem sich die Frage stellte, ob der Erblasser anwesend sein muss, wenn mehrere lose Blätter zu einer festen Urkunde zusammengefügt werden.

 


In dem vorliegenden Streitfall standen sich auf der einen Seite die Tochter des Erblassers, welche sich auf ihr gesetzliches Erbrecht berief und auf der anderen Seite drei Enkel des Erblassers, welche sich auf das fremdhändige, in einem Notariat hergestellte und unterzeichnete, Testament beriefen, gegenüber. Das betroffene Testament bestand aus zwei Seiten, wobei auf der ersten Seite die Verfügung zugunsten der Enkel, eine handschriftliche Nuncupatio und die Unterschrift des Erblassers festgehalten wurden. Auf der zweiten Seite befanden sich die Unterschriften der (fähigen) Testamentszeugen. Die Blätter wurden einzeln unterschrieben, in der Folge hielt sich der Erblasser noch 15 Minuten im Notariat auf. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob der Erblasser noch anwesend war, als das Testament gebunden wurde.

 


Die Tochter des Erblassers behauptete, dass das Testament ungültig sei, weil keine äußere Urkundeneinheit während des Testiervorganges hergestellt wurde. Der Vorgang sei erst fertiggestellt worden, nachdem der Erblasser das Notariat bereits wieder verlassen hatte, somit bestehe kein innerer Zusammenhang mehr.
Die Enkel stützten ihre Erbantrittserklärung auf das Testament und brachten vor, dass die Blätter unmittelbar nach den Unterschriften genäht wurden, die äußere Urkundeneinheit somit uno actu mit dem Testiervorgang hergestellt wurde. Ein äußerlich formgültiges Testament sei hergestellt worden, die Beweislast liegt bei demjenigen, der die Gültigkeit bestreite.

 


In der Folge entschieden das Erstgericht und das Rekursgericht zugunsten der Tochter. Das Testament sei nicht formgültig. Die Enkel erhoben einen außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof. Dieser ließ das Rechtsmittel zu, da die Rechtsprechung des Höchstgerichtes laut eigener Auffassung hinsichtlich der Herstellung der Urkundeneinheit einer Präzisierung bedarf.

 


Der oberste Gerichtshof stellte in seiner Entscheidung klar, dass es genügt, wenn die feste Verbindung unmittelbar nach den getätigten Unterschriften hergestellt wurde. Die persönliche Anwesenheit des Erblassers bei diesem Vorgang ist nicht mehr notwendig. Auch griff das Höchstgericht das Argument der Enkel hinsichtlich der Beweislast auf. Es hat nämlich jene Person, die sich in einem gerichtlichen Verfahren auf die Ungültigkeit der Verfügung beruft, diese auch zu beweisen. Die Tochter des Erblassers konnte im konkreten Fall nicht ausreichend beweisen, dass das feste Verbinden der Blätter unmittelbar nach dem Leisten der Unterschriften nicht eingehalten wurde.

 

Somit hat der Oberste Gerichtshof die Voraussetzungen an das fremdhändige Testament weiter konkretisiert. Grundsätzlich sind bei der Erstellung letztwilliger Verfügungen strenge Formvorschriften einzuhalten. Da sich Streitigkeit über den letzten Willen des Erblassers regelmäßig erst nach dessen Ableben ergeben und eine Korrektur dann nicht mehr möglich ist, ist die Einhaltung der Formerfordernisse eines Testaments besonders wichtig.

 

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